Tiefensee fordert: Kommunen, organisiert Zwischennutzungen und unterstützt Kreative dabei!
Zwischennutzung durch Kreative ist Perspektive für Thüringer Land
Im Herzen des diesjährigen Fön-Kunstpreises und inmitten von über 130 Kunstwerken drehte sich das Werft34-Impulsgespräch rund um die Leerstands- und Zwischennutzung im ländlichen Raum als Perspektive junger Thüringer Kreativ- und Kulturschaffender. In der alten Braugold-Brauerei diskutierte Minister Wolfgang Tiefensee mit Vertretern aus Verwaltung und Kultur, einem Eigentümer sowie der Zwischenzeitzentrale aus Bremen vor über 50 Gästen: Was müsste getan werden, damit mehr Kreative und Kulturschaffende aufs Land gehen bzw. bleiben und dort Leerstand beleben? Wie gelingt es die Eigentümer, Verwaltung, Förderer, Akteure, Bewohner zusammenzubringen?
Der Abend begann mit einem aufschlussreichen Impuls von Daniel Schnier von der Zwischenzeitzentrale in Bremen (ZZZ). Diese international erfolgreiche Vermittelungsagentur will schlafende Häuser wecken. Daniel Schnier verrät deren Erfolgsrezept: „Regionalität ist der Schlüssel, dass es aktive Menschen vor Ort gibt, dass ein Klima der Offenheit herrscht – auch ungewöhnlichen Ideen gegenüber.“
Dies unterstrich Minister Tiefensee, der mit einem klaren Statement in die alte Braugold-Brauerei zum Werft34-Impulsgespräch kam: “Ich erwarte von den Kommunen und Landkreisen: organisiert Zwischennutzungen – lasst sie zu! Unterstützt die Kreativen dabei! Denn das Wichtigste ist doch: Ihr kriegt Menschen, die einen Motor bilden, die in konzentrischen Kreisen andere wieder gewinnen und damit eine kleine und mittlere Stadt beleben.“
Denn es gibt ihn, den Leerstand im ländlichen Raum. Dazu Matthias Schwarzer, ein Eigentümer aus Apolda, der selbst Raum für Kulturschaffende zur Verfügung stellt: „Die Flächen sind ja da, das ist ein riesen Chancenpotential.“ Denn dieses Riesenpotential ist für Marcus Bals, dem Amtsleiter für Öffentlichkeitsarbeit im Landkreis Sömmerda, bisher noch nicht optimal genutzt. Denn Kultur ist Standortvorteil und Grund für den Hin- bzw. Wegzug: „Für mich gehören Kultur und Wirtschaftsförderung zusammen, weil die Lebensqualität ein wichtiger weicher Standortfaktor ist. Ohne Lebensqualität können wir Menschen nicht davon überzeugen, in unseren Regionen zu leben. Und ohne Lebensqualität können wir auch Firmen nicht überzeugen, in unsere Region zu kommen.“
Aber damit diese auch in den ländlichen Raum kommen, dafür bräuchte es aber eine Art von Vermittlerinstanz, die zwischen beiden Parteien übersetzt und diesen Prozess begleitet. Minister Tiefensee brachte diese konkrete Idee mit ins Podium: “Ich rege an -und dafür ist der Abend vielleicht ein Startpunkt -, dass wir gemeinsam mit all denen, die hier unterwegs sind, darüber nachdenken, eine digitale Plattform zu schaffen, die die verschiedenen Akteure, also die Kreativen und diejenigen, die Raum anbieten, aber auch die, die im Landratsamt oder der Kommune tätig sind, zusammenbringt. Die es den Eigentümern ermöglicht ihre Leerräume zu melden und Konditionen ins Schaufenster zu legen – so wie wir es bei der Zwischenzeitzentrale Bremen gesehen haben.”
Diese digitale Plattform ersetzt jedoch nicht die Schnittstellen vor Ort, meint Marcus Bals, Leiter des Öffentlichkeitsamts im Landkreis Sömmerda: „Vor Ort brauchen wir Kümmerer, die Ideen sammeln, zusammentragen und versuchen zu verbinden.“ Denn die Ideen sind da. Es fehle oft nur an einer Offenheit für diejenigen, die ungewöhnliche Wege gehen. Marcus Bals hingegen setzt auf die Köpfe: „Wenn jemand uns überzeugend darstellen kann, dass er Verantwortung übernimmt, dann sollte man auch Glauben schenken! Und wir wurden nicht enttäuscht!“
Jemand, der diesen Weg aufs Land gegangen ist, ist Thomas Meier, Architekt und Mitbegründer der Genossenschaft Schloss Tonndorf. Er sieht in der Risikominimierung auf Seiten der Akteure und Eigentümer auch einen Erfolgsfaktor. Dafür gebe es verschiedene Möglichkeiten auf dem Weg zum Verkauf: Erbpachtverträge oder beispielsweise Vorverträge. Einen Garanten für eine Nutzung für eine erfolgreiche Nutzung sieht er vor allem in der Vermittlung: „Gegenseitig Berührungsängste abzubauen und Kreative einzuladen, was sie zu einer nachhaltigen Landkultur beitragen können. Ich bin Architekt und Projektentwickler und arbeite zu 2/3 meiner Zeit als solcher, aber ich pflücke genauso die Äpfel mit oder kümmere mich ums Brennholz und tue diese Dinge, die auf dem Land zu tun sind.“
Vielen Dank und wir bleiben dran! Wir melden uns im nächsten Jahr wieder zu Wort. Dann wird es um das Kulturkonzept der Stadt Erfurt und dessen Umsetzung gehen. Seid gespannt!